"Magsch wieder mit mer AC/DC losa? Häscht jo glich nöd da Muat!"
Nervös suchte Chrigel nach einer Ausrede. Doch der Pfarrer liess nicht locker: "Wissen deine Eltern eigentlich schon, dass du gelegentlich heimlich AC/DC hörtest? Du weisst, wie die Kirche dazu steht."
Auch diesmal musste Chrigel wohl oder übel nachgeben. Er wollte nicht die Schmach erleben, von den Eltern gelöchert zu werden. Die Unnachgiebigkeit der Mutter und die strafende Strenge des Vaters hatte er bereits kennen gelernt.

Chrigel erinnert sich. Als Fünfzehnjähriger wurde er vom Pfarrer gefragt, welche Musik er gerne höre. Ausser der Ländlermusik im Stall wusste Chrigel nichts zu berichten. Er wisse auch nicht, was es so zu hören gäbe, erwiderte er scheu auf die Nachfrage des Pfarrers. Ob ihm, dem Chrigel, noch keiner seiner hoffentlich doch vorhandenen Kollegen von AC/DC erzählt habe. Chrigel hörte den Namen zum ersten Mal.
Wenn er niemandem etwas erzähle, lasse er ihn einmal in die aktuellste Platte der Hardrock-Band hineinhören. Er wisse noch aus der eigenen Jugendzeit, dass ein Heranwachsender das Leben spüren wolle. Nichtsahnend gab Chrigel damals seiner Neugier nach.

Jetzt, drei Jahre später, verwünschte Chrigel seinen damaligen Entscheid. Seither schaffte es der Pfarrer ein Dutzend Male, Chrigel in das durch eine Falltüre in der Kirche erreichbare Untergeschoss zu dirigieren.
Im matt erleuchteten Kellergewölbe hatte sich's der Pfarrer bequem eingerichtet. Der Plattenspieler neben dem blauen Polster war bereits eingeschaltet. Beide dem Pfarrer zur Verfügung stehenden AC/DC-Schallplatten waren daneben hingestellt: erst die '74 Jailbreak', dann die 'If you want blood you've got it'. Ordentlich doch, und dennoch.

Er habe jetzt ja wieder frisches Blut bei sich, ironisierte der Pfarrer fies grinsend. Dieses sehe ihm jedoch noch zuwenig weiblich aus. Ob er sich noch an die Langhaarperücke mit den langen braunen geraden Haaren erinnern könne, leierte der Pfarrer auch diesmal in derselben Reihenfolge herunter.
Chrigel wusste bereits, was danach kommen musste. Die quer durch das Gewölbe führende bauchhohe Stange war für Chrigel die Gewähr, nichts weniger Demütigendes als die letzten Male sich erhoffen zu dürfen. Erst musste sich Chrigel über die Stange legen, dann schwenkte der Pfarrer den Tonarm zur gewünschten Stelle und liess diesen sich auf die Schallplatte senken.
Chrigel vernahm noch den Beginn von 'Hell ain't a bad place to be', danach flüchtete er sich in seine Traumphantasie.


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